grünes blatt 2-97 - Ostermarsch '97:
Ostermarsch '97 in der Colbitz-Letzlinger Heide
Neben dem Suchen (und anschließendem Verspeisen) von bunten Eiern gibt es
auch andere Ostertraditionen, die sogar eine gesellschaftspolitische Aussage
haben. So zum Beispiel der Ostermarsch in der Colbitz-Letzlinger Heide. Wie
auch schon in den Jahren zuvor wanderten auch in diesem Jahr am Karsamstag,
einige Friedensbewegte für die zivile Nutzung der Heide durch ebendieses
Gebiet nordöstlich von Magdeburg. Es galt sogar einen Auftrag zu erfüllen:
Die Kennzeichnung von fünf Naturschutzgebieten, wozu die Landesregierung in
den letzten Jahren nicht gekommen war. Aufgerufen dazu hatte unter anderem
die "Offene Heide". So machten sich also fünf Gruppen mit jeweils 30-40
Leuten am Vormittag des 29. März '97 auf, um ein paar "Naturschutzgebiet"-
Schilder in die Erde zu rammen, damit die Bundeswehr, die seit '95 in der
Colbitz-Letzlinger Heide stationiert ist, wenigstens weiß, was für Bäume sie
fällt.
Am frühen Nachmittag trafen die Ostermarschierer sich dann noch mal auf dem
Marktplatz in Letzlingen, die einzelnen Gruppen berichteten von ihren
Aktionen, es gab ein paar Reden, das "Duo Sela" (Klarinette und Gitarre bzw.
Rythmusinstrumente) sorgte für kulturelle Umrahmung. Trotz des relativ
ungemütlichen Wetters - Regen, Wind und niedrige Temperaturen waren sicher
auch ein Grund für die niedrige Teilnehmerzahl - war die Stimmung gut. Aber:
Müßten sich nicht noch ein paar andere Leute ebenfalls verantwortlich fühlen
für das Schicksal der Colbitz-Letzlinger Heide?
Wo waren eigentlich die Landtagsabgeordneten, die alle irgendwann mal gegen
Soldaten in der Heide waren?
Die CDU hat 1993 eingesehen, daß hohe Arbeitslosigkeit verstärkt Rüstung
fordert, da diese ja bekanntlich viele Arbeitsplätze schaffen müßte. Auch
die PDS arrangiert sich allmählich. Und die SPD scheint sich nicht mehr so
genau daran zu erinnern, was sie im Koalitionsvertrag mit den Bündnis-Grünen
schwarz auf weiß festgeschrieben hat - nämlich, daß sie für eine militärfreie
Colbitz-Letzlinger Heide alle juristischen Mittel einsetzen will. (So ähnlich
klang die Sachsen-Anhaltiner CDU 1992 auch noch.) Die Bundespolitik sieht
anders aus und hat auch keine Probleme damit, dies über den Protest der
Bevölkerung hinweg durchzusetzen. Verhandlungen des Landes Sachsen-Anhalt
mit der Bundeswehr führen auf deren Seite zu keinerlei Entgegenkommen. Die
Errichtung von Europas modernstem Verteidigungszentrum ist schließlich
wichtiger als ein Natur- oder Trinkwasserschutzgebiet. Wofür wir einen
solchen Verteidigungsapparat überhaupt brauchen, werden wir auch noch
rauskriegen. Hauptsache, wir sichern die Colbitz-Letzlinger Heide vor
Pilze-Pflückern.
Ulrike Müller
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